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Zwangsvollstreckung – Chancen und Risiken für Gläubiger und Schuldner

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Zwangsvollstreckung – Chancen und Risiken für Gläubiger und Schuldner

Mit dem Thema Zwangsvollstreckung beschäftigt sich in der Regel niemand freiwillig. Richter, Rechtsanwälte, Schuldnerberater und Gerichtsvollzieher haben in professioneller Hinsicht mit dem Thema zu tun.

Darüber hinaus betrifft die Vollstreckung normalerweise nur diejenigen, die unmittelbar damit befasst sind: Schuldner und Gläubiger. Um Chancen und Risiken richtig abwägen zu können, ist es zumindest für diese beiden Gruppen unerlässlich, sich näher mit den Voraussetzungen und Folgen einer Zwangsvollstreckung auseinanderzusetzen.

Die notwendigen Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung:

1. Der Vollstreckungstitel

Wie alle Aspekte der Zivilgerichtsbarkeit ist auch das Vollstreckungsverfahren in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Die Vollstreckung stellt dabei das Ende eines längeren Verfahrens dar. Dabei geht es um unterschiedliche Auffassungen um das Bestehen oder Nichtbestehen finanzieller Verpflichtungen zwischen zwei oder mehr Parteien.

Wenn außergerichtlich keine Einigung erzielt werden kann wird entweder ein Mahnverfahren eingeleitet an dessen Ende ein Vollstreckungsbescheid ergeht oder es wird eine Klage eingereicht, an deren Ende ein Urteil gefällt wird. Sowohl beim Urteil als auch auch beim Vollstreckungsbescheid handelt es sich um einen so genannten Vollstreckungstitel. Dieser ist die erste und wichtigste Voraussetzung für das Vollstreckungsverfahren.

2. Die Vollstreckungsklausel

Ist ein Gerichtsurteil erwirkt oder das Mahnverfahren unangefochten beendet, herrscht beim Gläubiger oft die Vorstellung vor, dass unmittelbar mit der Zwangsvollstreckung begonnen werden kann. Der Titel als solcher allein genügt hierzu jedoch nicht. Um den Gerichtsvollzieher beauftragen zu können bedarf es weiterer Schritte.

Nach Erlass des Urteils muss das Vollstreckungsgericht eine Klausel erteilen. Dabei geht es um ein Exemplar des Urteils, die durch das Vollstreckungsgericht mit dem Zusatz versehen wird, dass die vorstehende Ausfertigung dem Gläubiger zum Zweck der Zwangsvollstreckung erteilt wird. Ohne diesen Zusatz hat das Urteil eines Zivilgerichts keinen praktischen Nutzen.

3. Die Zustellung

Zu den zwingend vorgeschriebenen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zählt außerdem die Zustellung des mit der Vollstreckungsklausel versehenen Urteils. Dies bedeutet, dass gegen den Schuldner erst dann vollstreckt werden kann, wenn ihm die mit Klausel versehene Ausfertigung persönlich zugegangen ist.

Hierfür liefert die Postzustellungsurkunde in den Akten des Vollstreckungsgericht den notwendigen Nachweis. Für Gläubiger wichtig zu wissen ist, dass das Gericht nicht von sich aus tätig wird, sondern die Erteilung der Klausel und die nachfolgende Zustellung nur auf Antrag erfolgen. Dies liegt daran, dass die Zwangsvollstreckung nach ZPO nur dann notwendig wird, wenn der Schuldner trotz Rechtskraft des Urteils keine Zahlung leistet.

4. Stichwort Mahnverfahren

Zuweilen wird die Zwangsvollstreckung auch durch Gläubiger betrieben, die eigentlich keine echte Forderung gegenüber dem Schuldner haben. Häufig werden Titel über Forderungen dieser Art auch über ein Versäumnisurteil erwirkt. Dabei wurde von den Schuldnern regelmäßig die Einlegung von Rechtsmitteln versäumt. In solchen Fällen kann eine Vollstreckungsgegenklage Sinn machen, nachdem der der Titel im Rahmen der Zwangsvollstreckung zugestellt wurde.

Um die Zwangsvollstreckung wirksam abwenden zu können, muss es sich um Forderungen handeln, deren Durchsetzung gegen die guten Sitten verstoßen würde. Dies ist etwa der Fall, wenn man als Verbraucher in betrügerischer Weise zum Abschluss eines Abonnements verleitet wurde u. ä.. Die Voraussetzungen für ein solches Verfahren sollten auf jeden Fall durch einen im Vollstreckungsrecht erfahrenen Anwalt geprüft werden!

Die weiteren Schritte der Zwangsvollstreckung

Die Pfändung

Ist ein Titel mit der Vollstreckungsklausel versehen und zugestellt worden, kann mit der eigentlichen Vollstreckung begonnen werden. Zentrale Figur in diesem Abschnitt des Verfahrens ist der Gerichtsvollzieher. Dieser ist dazu berechtigt, eine Pfändung zur Begleichung der Schuld vorzunehmen. Den einfachsten Weg in diesem Zusammenhang bildet die Pfändung zulasten des Kontos des Schuldners.

Alternativ können aber auch Sachwerte gepfändet werden. Allerdings sind hier durch den Gesetzgeber klare Grenzen gesetzt. Dinge, die der Schuldner zum Leben und Arbeiten benötigt, können nicht gepfändet werden. Die Einrichtung des Haushalts ist deshalb genauso vor der Sachpfändung geschützt wie Haushaltsgeräte. Fernseher, Computer, Staubsauger, Kühlschrank und andere Apparate verbleiben deshalb so gut wie immer beim Schuldner.

Eine Ausnahme bildet die so genannte Austauschpfändung wenn bestimmte Sachgüter zum Vermögen des Schuldners zählen. Eine Armbanduhr etwa darf im Rahmen der Zwangsvollstreckung grundsätzlich nicht gepfändet werden. Handelt es sich aber um einen besonders hochwertigen Chronometer wie etwa eine Rolex, dann kann dieser im Austausch gegen eine einfache Armbanduhr durchaus gepfändet werden. Die Sachpfändung bildet allerdings eher die Ausnahme. Im Regelfall liegt der Fokus beim Gerichtsvollzieher auf dem Vermögen des Schuldners.

Sonderfall Lohnpfändung

Eine bei Gläubigern besonders beliebte Methode der Durchsetzung von Forderungen aus einem Titel ist die Lohnpfändung. Den betroffenen Arbeitnehmern ist dies meist sehr unangenehm, weil der Arbeitgeber auf diese Weise von der eigenen finanziellen Schieflage Kenntnis erhält. Spätestens wenn ein Vollstreckungstitel zugestellt wurde ist daher wichtig, auf den Gläubiger zu zu gehen und eine Lösung für die Begleichung der Schuld zu finden, die eine Pfändung der Lohnansprüche unmittelbar beim Arbeitgeber unnötig macht.

Zur Vermeidung zusätzlicher Kosten macht diese Variante im Übrigen bereits nach der Einleitung von einem Mahnverfahren Sinn. Gläubigern ist bekannt, wie schwierig die Erlangung und Durchsetzung von einem Vollstreckungstitel ist. Deshalb bestehen gute Chancen eine Einigung über den ratenweisen Abtrag der bestehenden Forderungen zu vereinbaren.

Die Zwangsversteigerung

Zu den wichtigsten Posten im Vermögen zählen neben Geld und Wertpapieren die Immobilien. Sofern es sich um es sich um selbst genutztes Wohneigentum handelt, kommt es aufgrund des Vollstreckungstitels zur Versteigerung des Hauses. Diese Zwangsversteigerung wird durch das örtlich zuständige Amtsgericht durchgeführt. Zunächst wird gemäß ZPO zu diesem Zweck ein Gutachten in Auftrag gegeben, um den Verkehrswert des jeweiligen Objekts zu ermitteln. Dies gestaltet sich mitunter schwierig, da es Schuldnern gestattet ist, dem Gutachter den Zutritt zum Anwesen zu verweigern.

Die Schätzung wird dann anhand des äußeren Eindrucks des Gebäudes und der über das Grundbuchamt und das Bauamt zugänglichen Daten vorgenommen. Dieser Umstand schränkt den Kreis der Interessenten oftmals stark ein. Sofern eine Zwangsversteigerung unabweisbar wird, ist es daher für die Betroffenen sinnvoller, mit dem Gutachter zusammenzuarbeiten, damit das Objekt in der Zwangsversteigerung wenigstens einen vernünftigen Preis erzielt.

Die Zwangsverwaltung

In gleicher Weise wird auch bei vermieteten Objekten verfahren. Allerdings ergibt sich hier die Besonderheit, dass bis zur Versteigerung in der Regel eine Zwangsverwaltung angeordnet wird. Der Zwangsverwalter wird für die Zeit der Zwangsverwaltung durch das zuständige Vollstreckungsgericht berufen. Häufig handelt es sich dabei um einen Rechtsanwalt. Dieser übernimmt die Rechte und Pflichten des Vermieters.

Die im erzielten Mieteinkünfte dienen dazu, die laut Titel offene Forderung bzw. bei mehreren Gläubigern die verschiedenen Forderungen zu befriedigen. Dies geschieht nach Abzug der Kosten sowie der Gebühren des beauftragten Zwangsverwalters. Wenn es um die Versteigerung vermieteter Objekte geht ist für potentielle Bieter außerdem wichtig zu wissen, dass anders als beim einfachen Kauf von Immobilien die Möglichkeit eines Sonderkündigungsrechts für ein bestehendes Mietverhältnis gegeben ist.

Fazit

Dieser Überblick über die Zwangsvollstreckung kann naturgemäß nur einen ersten Eindruck liefern. Das Verfahren der Zwangsvollstreckung nach ZPO weist eine Fülle von Besonderheiten und Einzelvorschriften auf. Schon die Vollstreckungsklausel kann in unterschiedlicher Form ergehen, nämlich als einfache oder als titelergänzende Klausel. Außerdem ist zum Verständnis der Zwangsvollstreckung eine nähere Beschäftigung mit dem Mahnverfahren und dessen Ablauf genauso wichtig wie ein Einblick in den Ablauf eines gerichtlichen Verfahrens nach ZPO.

Denn zu den Forderungen kommen im Rahmen der Zwangsvollstreckung immer auch die Gebühren die das Mahnverfahren bzw. das Gerichtsverfahren mit sich gebracht hat. Ehe der Gerichtsvollzieher tatsächlich in das Vermögen der Schuldner vollstrecken kann, vergeht im Rahmen der Zwangsvollstreckung deshalb regelmäßig viel Zeit. Denn vom Vollstreckungstitel über Klausel und Zustellung bis zur Vollstreckung im Sinne der Pfändung ins Vermögen, Sachpfändung oder Versteigerung ist es regelmäßig ein langer und nervenaufreibender Weg.